Eines der ältesten Bauerndörfer im ehemaligen Fürstentum Ratzeburg
Im Hufenregister des Bistums Ratzeburg von 1292 wird erstmals der Ort Niendorpe / Thundorpe erwähnt. Zu dieser Zeit gab es das Bistum Ratzeburg schon fast 150 Jahre - dessen Gründung geht zurück auf Heinrich den Löwen, der 1154 den Bischof von Ratzeburg einsetzte.
1334 werden Sülsdorf und Thandorf von Erben des Ritters Otto von Plön zunächst an den Herzog Erich von Lauenburg verkauft, der die Flecken an das Ratzeburger Domkapitel weitergibt.
Von Otto von Plön zeugen heute noch die Reste einer Burganlage bei einem Waldstück nahe Schlagsülsdorf.
In Thandorf wird 1468 zum ersten Mal die Familie des Bauern Otte genannt, aus der in den kommenden Jahrhunderten die Dorfschulzen hervorgingen. 1793 errichten die Ottes den Schulzenhof neu: heute ist er als Uhlenhof bekannt. Die Thandorfer Dorfschulzen hatten zu ihrer Zeit das Recht, im Rat zu Ratzeburg "bewehrt", also mit Waffen, zu erscheinen.
Will man die Geschichte von Thandorf und Umgebung verstehen, so empfiehlt sich ein Blick auf die Historie des Bistums, später Fürstentums, Ratzeburg, dessen Teil das Dorf über Jahrhunderte hinweg war.
Die Geschichte des Dorfes selbst findet sich mit allen derzeit bekannten Details in der "Familiengeschichte des Kirchspiels Schlagsdorf" von Eberhard Specht wieder, aus der hier zitiert werden darf.
Unterm Krummstab war gut leben
Nach dem Westfälischen Frieden entstand 1648 aus dem Hochstift das Fürstentum Ratzeburg, zu dem auch Thandorf weiterhin gehörte. Im Gegensatz zu den anderen Teilgebieten im Herrschaftsbereich der mecklenburgischen (Groß-) Herzöge gab es im Ratzeburger Land keine Leibeigenschaft und Großgrundbesitzer, sondern nur freie Bauern, weil Bischof und Kapitel anders als der Adel seit jeher keinerlei Interesse am Bauernlegen und am Errichten von Gütern besaßen. Der "Krummstab", unter dem es sich gut lebte, war der Stab des Bischofs zu Ratzeburg, dessen Grundsätze auch im Fürstentum beibehalten wurden.
Die durchaus eigenständige Kultur des ehemaligen Fürstentums dokumentiert das Volkskundemuseum in Schönberg.
Im Hamburger Vergleich von 1701 wurde das Fürstentum Ratzeburg wertvollster Gründungsbestandteil für Mecklenburg-Strelitz. Zwischen beiden Landesteilen, dem Fürstentum Ratzeburg und der vormaligen Herrschaft Stargard, lag nun Mecklenburg-Schwerin in seiner ganzen Breite – das Fürstentum war fast 200 km entfernt von der Residenz in Strelitz. Dadurch wurde eine Zentralverwaltung von Strelitz aus von vornherein ausgeschlossen, und auf dem Domhof Ratzeburg blieb eine fast völlig selbständige Verwaltung bestehen. Das Fürstentum wurde nicht in Mecklenburg-Strelitz einverleibt, sondern behielt seine von Strelitz getrennten Behörden, und wurde von den meisten Herzögen nicht einmal betreten.
Im Großen Nordischen Krieg (1700–1721) wurde das Fürstentum von dänischen Truppen verheert, die auf das damals schwedische Wismar anrückten. Etwa 30 Kilometer entfernt von Thandorf, bei Wakenstädt, siegten schwedische Truppen gegen die Verbündeten dänischen und sächsischen Truppen am 20. Dezember 1712 bei Gadebusch. Über ein Jahrhundert später, 1814, wurde die Regierung des Fürstentums auf dem Ratzeburger Domhof aufgelöst und statt ihrer eine Landvogtei in Schönberg eingerichtet. Aus dieser Zeit lagen in Thandorf einige Dokumente vor, die zeigten, daß die Befreiungskriege und die Zeit danach am Dorf nicht gerade spurlos vorübergegangen sind.
Von der Demokratischen Bewegung der Revolutionsjahre 1830 und 1848 wurde das Fürstentum Ratzeburg verhältnismäßig wenig ergriffen – es blieb dort "alles beim alten". Großherzog Friedrich Wilhelm regierte von 1860 bis 1904 sein anfangs überschuldetes Land Mecklenburg-Strelitz mit einem harten Sparkurs. Ein kultureller und wirtschaftlicher Stillstand trat ein. Das vormals reiche Fürstentum Ratzeburg wurde buchstäblich ausgesogen, da das ärmere Land Stargard die Schuldenlast nicht decken konnte.
Das 20. Jahrhundert
1918 erlosch mit dem Ende der Monarchie in Deutschland auch das Fürstenhaus und Mecklenburg-Strelitz wurde Freistaat. Das bisherige Fürstentum Ratzeburg erhielt nun den Namen "Land Ratzeburg".
Der Ratzeburger Domhof und die Exklaven kamen 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz an den Kreis Herzogtum Lauenburg, dafür fiel das bis dahin Lübecker Dorf Utecht an Mecklenburg.
1945 fielen durch Veränderung der innerdeutschen Grenze im sogenannten Barber-Ljaschtschenko-Abkommen die historisch zum Ratzeburger Land gehörenden Gemeinden Ziethen, Mechow, Bäk und Römnitz ebenfalls an den Kreis Herzogtum Lauenburg und lagen ab 1949 in Schleswig-Holstein. Thandorf, Schlagsülsdorf und Utecht mit Campow verblieben auf der mecklenburger Seite und waren damit zunächst Gemeinden der sowjetischen Besatzungszone, später der Deutschen Demokratischen Republik. Die hier gezeigte Karte aus dem Jahr 1953 zeigt das Gebiet aus zeitgenössischer Sicht.
Die von Barber und Ljaschtschenkow vereinbarte Gebietsveränderung wurde auch nach der Wiedervereinigung aufrechterhalten: so gehören Utecht, Thandorf und Schlagsülsdorf heute zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.
(Quellen: Wikipedia - siehe Verlinkungen, Grenzhus Schlagsdorf)
Die Chroniken
Während des zweiten Weltkrieges und in den Gründerjahren der DDR wurden in Thandorf und Schlagsülsdorf Chroniken verfasst, handschriftlich abgeschrieben und weitergereicht. Besonders Hans Meese, seines Zeichens Lehrer in Thandorf, hat sich als Chronist dabei verdient gemacht.
Abschriften dieser Chroniken, die auch eine der Grundlagen für das Buch von Eberhard Specht über die Familiengeschichte des Kirchspiels Schlagsdorf sind, werden in einigen alteingesesssenen Thandorfer und Schlagsülsdorfer Haushalten bis heute als Familienerbe gehütet und geschätzt.
Mittlerweile liegt ein großer Teil dieser Chroniken gescant zum Download als PDF hier vor. Der Dank dafür gebührt dem Dorfverein und vor allem Anja Schaeper.
Gut erhaltene eindrucksvolle Reste einer dreiteiligen, festungsartig ausgebauten mittelalterlichen Ritterburg östlich des heutigen Ortes – Schlagsülsdorf. Auf dem Turmhügel, umgeben von einem breiten Graben und hohem Wall, stand ein auf quadratisch steinernem Fundament errichteter Fachwerkturm (Bergfried). Er diente als Wohnturm für den Ritter und bei Gefahr als letzte mit wenigen Leuten zu verteidigende Rückzugsmöglichkeit. Der ca. 90x90m große Wirtschaftshof (Curia) und der etwa 15x70m große Vorhof (Plateau), auf denen die Wirtschaftsgebäude und die Wohnungen des Gesindes standen, waren ebenfalls mit Graben und Wall umgeben. Der gesamten Anlage war ein Außenwall (Vorwall) und an besonders gefährdeten Stellen ein zweiter Wall mit Graben vorgelagert. Der Zugang zur Anlage erfolgte über einen 40m langen Damm durch das Tor des Vorhofes und über eine Zugbrücke.
Die Anlage ist wohl zwischen 1291 und 1308 errichtet worden. Urkundlich erwähnt ist die Anlage als „curia Tzulestorpe“ als Wohnsitz des Ritters Otto von Plöne im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts. Dieser Otto von Plöne soll ein berüchtigter Raubritter gewesen sein. 1334 verkaufte der Herzog Erich von Sachsen-Lauenburg den Besitz der Plöns in Sülsdorf samt Burganlage im Auftrag der Erben an das Ratzeburger Domkapital. 1338 quittierten Erich von Sachsen-Lauenburg und Otto von Plöne der Jüngere den Erhalt von 1300 Mark Silber für das Dorf Sülsdorf und einige in der Nähe gelegene Besitzungen vom Domkapital. 1361 verkaufte das Domkapital den ansässigen Bauern die Burg zur Materialgewinnung. Da sich das Gelände für landwirtschaftliche Nutzung nicht besonders eignete, blieb die Burganlage danach bis in die heutige Zeit relativ unversehrt.
Sage: Von der Eroberung der Burg Plön bei Schlagsülsdorf
Ritter Plön bewohnte eine Feste, die seine Vorgänger klug und vorausschauend erbaut hatten. Sie lag inmitten feuchter Wiesen, die durch ein System von Gräben und Wehren unter Wasser gesetzt werden konnten. Zusätzlich umzogen Gräben die Burg und auf steinernen Widerlagern setzten hölzerne Zugbrücken auf. Alles Überragend erhob sich auf einem Hügel ein stolzer Turm. Ein dichter Wald umgab den Burgberg. Otto von Plön ging mit seinen zwei Söhnen oft zum Raub aus. Er belagerte die Straßen nahe Lübeck und manch reicher Kaufmannswagen erreichte nicht sein Ziel. Oft wurde die Burg belagert, aber immer wieder verstand es der verschlagene Räuber, seine Gegner zu Täuschen. Ein Meisterstück war sein Trick, den Pferden die Hufeisen verkehrt herum anzunageln, damit seine Belagerer meinten, er wäre in der Burg. Die Truppen umlagerten die Burg, derweil er an anderem Orte reiche Beute machte und frohes Leben feierte. Die Dörfer der Umgebung fürchteten ihn. Bekam er nicht genug oder stach ihn der freche Mut, so zog er auch in die Dörfer, misshandelte die Bauern und verspottete sie noch, wenn die sich nicht wehren konnten. So war er in der ganzen Gegend unbeliebt und verhasst.
Der Hirte Hähne von Rieps hatte öfter unter seiner Willkür zu leiden. Wie oft hatte er ihm ein Stück Vieh abgetrieben. Da Hähne viel in der Feldmark unterwegs war, beobachtete er die Züge der Ritter nun genau, um ihnen auszuweichen.
Einmal kam ein Zug Bewaffneter von Schwerin. Sie schickten einen Knecht zu ihm, um nach dem rechten Weg zu fragen. Hähne wusste genau, wo der Ritter Plön sich aufhielt und auch, wie man in die Burg gelangen konnte. Nun aber tat sich ihm eine Möglichkeit auf, sein Lebenslos zu ändern. Er ließ sich zum Hauptmann führen und erbot sich, gegen eine Belohnung dem Trupp den Weg in die Burg zu weisen. Das schien ein fairer Handel und er Hauptmann fragte nach der Höhe der Belohnung. „Brot bis in den Tod“ verlangte der Hirte Hähne schlau. Die Bewaffneten lachten und stimmten zu.
Der Zug gelang, die Burg wurde erobert, Ritter Plön erschlagen und seine Söhne gefangen genommen. Auf den Zug zurück hatte man den Hirten längst vergessen. An der Brücke von Rieps nach Wendorf stellte er sich den Bewaffneten in den Weg. Die Knechte waren frohen Mutes und noch heiß vom Kampf. Sie ergriffen den Bauernlümmel,warfen ein Seil über die starken Äste einer nahen Eiche und hängten ihn einfach auf. Im Totentanz schrie Hähne: „Erkennt ihr mich nicht, erkennt ihr mich nicht, denkt an euer Versprechen, ihr Herren“. Der Hauptmann lenkte sein Pferd näher heran und erkannte seinen Informanten. An sein Versprechen gemahnt zog er aus seinem Proviantsack einen Ranft Brot und stopfte ihn in den verzerrten Mund des Verröchelnden: „Ich bin ein Ehrenmann und halte mein Versprechen: Nun hast Du Brot bis in den Tod.“
Die Knechte lachten grob und sprengte davon. Abends kamen die Bauern und schnitten ihren Hirten ab. Sie brachten ihn leise ins Dorf und begruben ihn still. Den Ritter waren sie los, aber den Hirten auch. Noch heute nennen sie das Land um die Eiche „Hähnenbock“. Sie zogen zur Burg und brachen die stolzen Mauern. Nur sanfte Wälle, bewachsen mit dichtem Wald, künden heute vom Ort der Willkür.
Und die Bauern hatten doppelt Glück. Die Dörfer wurden an den Herzog von Lauenburg verkauft und dieser überließ sie dem Domkapitel in Ratzeburg. Im Ratzeburger Land hatten die Bauern aber die Möglichkeit, zu Wohlstand und Reichtum zu kommen, da sie weniger Abgaben zu zahlen hatten.
Schautafel der Plönburg vom 30.3.2014
Familiengeschichte des Kirchspiels Schlagsdorf
Im Kirchspiel Schlagsdorf beginnt die schriftliche Überlieferung der bäuerlichen Verhältnisse durchweg bereits 1444. Lediglich in den beiden Molzahn und dem lübschen Utecht setzt die Quellenlage erst später, 1483 bzw. 1527, ein. So reicht die Spanne vom ausgehenden Mittelalter bis in unsere Tage, in der sich die jahrhundertealten gewachsenen bäuerlichen Strukturen aufgelöst haben. Krieg und 40 Jahre DDR haben in dem Raum entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze zu Eingriffen geführt, die das Bild der Landschaft folgenschwerer verändert haben als beispielsweise der Dreißigjährige Krieg. In manchen Dörfern findet sich fast keine der alten Familien mehr. Dörfer wie Lankow und Neuhof sind ausgelöscht, andere, wie Wendorf, sind nur noch rudimentär vorhanden.
Mit freundlicher Genehmigung von Autor und Herausgeber geben wir einen Auszug aus dem Werk wieder, das interessierten Lesern den wohl detailliertesten Einstieg in die lokale Historie von Thandorf, Schlagsülsdorf und der umliegenden Gemeinden ermöglicht, und mit dessen Hilfe es einigen Einwohnern möglich war, ihre Abstammung bis in das 15. Jahrhundert zurück zu verfolgen.
Dabei beschränken wir uns mit Rücksicht auf die Privatsphäre der Familien, die immer noch hier wohnen, auf die Geschichte zunächst von Thandorf.
Die Anfänge
Bei Thandorf handelt es sich ursprünglich um ein Kapiteldorf des Domkapitels zu Ratzeburg. Es war ein Angerdorf (vielleicht ursprünglich ein Rundling) mit rundlingsartig um den schmalen Anger gruppierten Höfen. Es gab eine breite Haupteinfahrt von Osten her durch Osterried, die mit Graben und Brücke, etwa auf Höhe des heutigen Neubaus, absperrbar war. Davor befand sich ein Brink, also eine leicht erhöhte Stelle, auf der die fünf Wege von Schlagsdorf, Schlagresdorf, Rieps, Wendorf und Schlagsülsdorf zusammenlaufen. Heute stehen dort Schule (1679 — 1958), Molkerei und Ausbau der Stelle III.
Eine schmale Nebeneinfahrt, am Anger durch einen Teich gesperrt, führte am Westende nördlich auf einen zweiten großen Brink, von dem mit breiter Trift der Weg nach Lübeck und einige Feldwege abzweigten.
Ältere Nachrichten über Thandorf fehlen, doch wird das Dorf wohl zu Recht zum Teil mit der1230 im Zehntenlehnsregister genannten "Elisabethana villa" gleichgesetzt, aus dem verkürzt "Thana villa", "Thanadorpe" geworden ist. Das Dorf war zuerst im Besitz der holsteinischen Adelsfamilie von Plön, die auch Schlagsülsdorf besaß.
Für Thandorf lässt sich das erste feste Haus, eine Burganlage an der Höhe des Utechter Berges, beim späteren Zuschlag "Borgbrauk" vermuten.
1334 kam es zusammen mit Schlagsülsdorf durch Kauf an das Domkapitel. Herzog Erich H. der jüngere von Sachsen - Lauenburg bestätigte 1336 diesen Verkauf und legte Thandorf zum Lande Boitin. Das Domkapitel löste damals auch den auf dem Dorf liegenden Burg- und Brückendienst mit Hebungen und Diensten ab. Ansprüche, die Johann Blüssen aus dem Nachlass des Otto von Plön u. a. an Thandorf geltend machte, wurden 1339 abgegolten. Damit war Thandorf endgültig in den Besitz des Domkapitels übergegangen.
Erste bekannte Einwohner
Bereits 1336 bestimmte das Kapitel zur Einlösung seines Dorfes Oldendorf (Ollndorf) u. a. 16 lübsche Mark (Mk) jährliche Hebungen aus Thandorf. Die Urkunde nennt die Namen von 14 Stellenbesitzern mit insgesamt 7 1/4 Hufen.
die Hufner Hinricus, Nicolaus und Bertoldus DONEKE,
Marquardus der Große (1/4 Hufe),
Hinneke (3/4 Hufe),
Johannes FRIDERICH (1/2 Hufe),
Johannes BUNGHER (1/4 Hufe),
Gherardus PARIN, Sohn des jacob (1/2 Hufe),
Jacob, antiquus magister (Schulze, 1/2 Hufe, vielleicht schon ein Otte?),
Margreta (1/2 Hufe),
Thomas (1/2 Hufe),
Tymmo und Hermann, Söhne des longus Thidericus (1/2 Hufe),
Hermann swagerus Struve (1/2 Hufe),
Henneke RUST und seine Schwester Hildburg (1/2 Hufe),
Jacobus der Kleine, Marrinus swagerus (1/2 Hufe)
und Thideke TESSEKOW (1/4 Hufe).
1458 verglichen sich die Lübecker Bürger Hans und Hermann Ludemann sowie Diderik Dusterholt wegen ihrer Grundstücke in "Tandorpe" mit dem Domkapitel in Ratzeburg.
Eine Hufe war ursprünglich ein Wirtschaftsbetrieb, also eine Hofstätte mit dazugehörigem Kulturland. Im Hoch- und Spätmittelalter verstand man dann zunehmend einen Flächeninhalt darunter, der einer Voll-Bauernstelle entsprach. Im Fürstentum Ratzeburg finden sich Stellen zu 3, 2, 1 1/2, 1, 1/2, 1/4 und 1/8 Hufen.
Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert
Zwischen 1524 und 1528 hielt Herzog Franz I. von Sachsen-Lauenburg mit 38 Pferden und 140 Jagdhunden Ablager im Dorf und schickte noch zweimal sein Gesinde.
Den Dreißigjährigen Krieg überstand das Dorf glimpflich. Nur eine der 14 Stellen blieb auf Dauer wüst.
1702 betrug die Zahl der Stellen 13: 10 Hauswirtsstellen (3 zu 2 Hufen, 2 zu 1 1/2 Hufen, 1 zu 1 1/4 Hufen und 4 Vollhufen), 1 Großkätner (1/2 Hufe) und 2 Kleinkätner.
Die Hufe wurde zu 50 lübsche Mark (Mk) gerechnet. Das Dienstgeld war noch nicht in Geld abgelöst. Die Hauswirte und Kätner dienten nach Hof Mechow.
Wöchentlich entfielen auf die Hauswirte 2 Tage Spann- und 1 Tag Handdienste. Der Großkätner diente 3 Tage wöchentlich mit der Hand sowie jährlich weitere 6 Tage mit dem Spann und 5 Tage mit der Hand. Die beiden Kleinkätner dienten wöchentlich 2 Tage mit der Hand. Vor der Verkoppelung lag die Thandorfer Feldmark in 6 Schlägen, von denen jährlich 5 besät wurden und 1 brach lag.
Diese alten Schläge waren:
der "Lunkenkamp" mit "Mester Eken",
der "Blansken" mit "Anschälen",
der "Sünnbarg" mit "Drehfieften",
der "Lübsch Kamp" mit "Kiesbarg",
der "Klembß“ mit "Hahnstücken" und
die "Krüzkoppel" mit "Musfelchen".
Weitere Nachrichten über die Geschichte Thandorfs finden sich in Urkunden, die sich im Besitz des ehemaligen Schulzen Karl Otte befunden haben, die aber leider verloren gegangen sind. Sie werden jedoch in der Geschichte Thandorfs von Hans Meese angeführt.
So kam es 1786 zu einer vergleichsweisen Festlegung der Grenze an der Thandorf — Sülsdorfer Scheide im "Kiepenholz". 1787 erfolgte dann die Vermessung durch Chr. S. H. Schuhmacher. Die sich daran anschließende Regulierung kam indes nur zögerlich voran, zuerst 1787 für die Stellen IV, XI und XIII. Abgeschlossen werden konnte sie erst am 22.10.1911, also 124 Jahre später.
Schuld daran waren sicherlich zum Teil die ständigen Streitigkeiten um die Hofdienste, die von der Dorfschaft zum Teil verweigert wurden. So wurden 1789 der Schulze Otte und sein Schwager Burmeister wegen widerrechtlichen Ausbleibens vom Hofdienst verwarnt. 1790 wurde der Hauswirt Ziething deswegen "in Strafe genommen". Auf die 1787 erfolgten Eingaben wegen der Hofdienste in Mechow und der willkürlich vorgenommenen Umformung der Pflugtage zu Reisen und die Eingaben von 1790 bezüglich der Befreiung der Hauswirte vom Hofdienst nach Mechow und von Mechower Bierzwang erfolgt am 22.04.1800 der Entscheid, dass trotz der Berufung der Dorfschaft die Hofdienste beibehalten werden. Offensichtlich gaben die Thandorfer nicht nach, denn am 03.06.1800 kommt die Mitteilung, dass die wegen nicht geleisterer Hofdienste gepfändeten Kupfer- und Messingkessel der Thandorfer Hauswirte in Ratzeburg verkauft worden sind.
Am 12.06.1801 kommt es erneut zu einer Eingabe wegen Aufhebung der Hofdienste, die ganz offensichtlich wieder verweigert werden. Dies jedenfalls lässt sich einem Aktenstück vom 17.09.1801 entnehmen, in dem erneut eine Strafe ausgesprochen wird. Schließlich entscheidet am 18.03.1802 der Herzog: Hofdienste sind zu leisten.
Aus der Zeit zwischen 1813 und 1820 haben sich weitere Urkunden im Besitz von Karl Otte befunden, die zumindest ein Schlaglicht auf die Belastungen der Thandorfer während der "Befreiungskriege“ werfen:
1813,
18.06.
Kontribution: jeder Vollhufner hat ins Schlagsdorfer Magazin zu liefern: 4 Schfl. Hafer lüb. Maß, 150 Pfd. Korn, 16 Klappen (Bund) Stroh zu je 10 Mk. Jeder Halbhufner gibt 2 Schfl. Hafer, 75 Pfd. Korn und 8 Klappen Stroh
23.08.
Es sind aufzubringen 44 Schfl. Hafer, 176 Bund Heu zu je 10 Mk, 176 Bund Stroh, dazu gibt jeder Vollhufner 4 Schfl. Hafer, 16 Bund Heu und 16 Bund Stroh, jeder Halbhufner gibt 2 Schfl. Hafer, 8 Bund Heu und 8 Bund Stroh
19.11.
Gestellung von 2 Vierspännern und 2 Vorderpferden zum Gebrauch des Militärs nach Schönberg. Knechte mit Futter und Lebensmittel für 3 Tage sind zu stellen.
19.11.
Die Gemeinde hat zu liefern: von 11 Hufen: 22 Schfl. Hafer, 23/4 Fass Erbsen, 1276 Pfd. Brot, 33 Pfd. Salz, 858 Pfd. Fleisch, 132 Pott Branntwein, Fleisch und Branntwein sind in Geldwert zu erstatten, das Pfund Fleisch mit 4Vz B, das sind 80 Rtlr 21 B; 1 Pott Branntwein mit 9*/2 B I 26 Rtlr 6 B (1Rtlr I 48 B; 1 Mk = 16 B)
20.11.
400 Bund Heu zu je 10 Mk; 400 Bund Stroh zu je 10 Mk
20.11. Für russische Truppen sind zu liefern: 11 Sack Hafer lüb. Maß, 370 Bund Heu, 370 Bund Stroh; jeder Vollhufner liefert 1 Sack Hafer, 40 Bund Heu und 40 Bund Stroh; jeder Halbhufner liefert 2 Schfl. Hafer, 20 Bund Heu und 20 Bund Stroh
1814
17.01.
Für Kriegsdienst sind 3 vierspännige Wagen und 1 Gespann lose Pferde mit Wachen zu stellen. Futter sowie Lebensmittel und Stroh zum Auflegen sind mitzubringen. Die Fuhre soll nach Lübeck gehen. Außerdem finden sich verschiedene Belege für freiwillige Spenden zur Ausrüstung vaterländischer Krieger.
20.01.
5 Vierspänner auf 3 Tage für Bagage (Fracht) nach Oldenburg angefordert
26.01.
3 Wagen auf 4 Tage angefordert
25.04.
Für russische Truppen werden gefordert: 55 Brote je 10 Pfd., 11 Schfl. Kartoffeln, 176 Pfd. Rindfleisch, 44 Schfl. Hafer, 330 Bund Heu, für Branntwein sind 11 Rtlr 12 3/4 ß zu zahlen
10.12.
Es sind zu liefern: 23 Schfl. Hafer, 90 Bund Heu und 45 Bund Stroh
1820
03.01.
Nachzahlung für Verpflegung einquartierter russischer Truppen im Dezember 1814: 91 Rationen Z 7 Rtlr 1‘/2 ß dän. Courant
1894 war Thandorf ein Dorf mit Schule (neu erbaut 1895), Krug, Schmiede, 9 Vollhufnern, 4 Halbhufnern, 4 Büdnern und 204 Einwohnern.
Das 20. Jahrhundert
1939 lebten 136 Einwohner im Dorf. Die Feldmark umfasste 528 ha.
Seit 1948 bilden Thandorf und Schlagsülsdorf eine Gemeinde.
Bei Kriegsende war Robert Klosa Bürgermeister. Ihm folgten
Heinrich Böttcher, bis Herbst 1945,
Karl Otte (Tischler), Herbst 1945 bis Frühjahr 1946,
Arthur Babbe, Frühjahr 1946 bis Frühjahr 1947,
Walter Grabosch,Frühjahr 1947 bis Herbst 1951,
Maria Lopp,Herbst 1951 bis August 1952
Oskar Wedler, August 1952 bis Oktober 1952 vertr.
Robert Klosa, Oktober 1952 bis Januar 1953 vertr.
Manfred Zietlow, Januar 1953 bis März 1955,
Ewald Wegner, April 1955 bis 15. Mai 1955,
Paul Suchowirsch, 5. April 1956 bis 31. Januar 1959
Traugott Goltz, 1. Februar 1959 bis 31. August 1961
Ernst Durittke,1. September 1961 bis 14. April 1963
Rudi Morgenthal,15. April 1963 bis 31. Dezember 1966
Gerhard Lerbs, 1. Januar 1967 bis 6. Mai 1967
Ernst Ginnuth, 7. Mai 1967 bis 31.Januar 1975
Paul Prestin,1. Februar 1975 bis 28. März 1979
Harald Kirschnick, 1. April 1979 bis 31. Oktober 1981
Susanne Köttgen 1. Dezember 1981 bis 6. Mai 1990
Oskar Wedler, 6. Mai 1990 bis 31. Mai 2002 (Rücktritt)
Angela Lafrenz, 1. Juni 2002 bis 1. Juli 2002
Henry Michaelis, 1. Juli 2002 bis 23. September 2002
Manuela Köhler, 23. September 2002 bis 7. Juni 2009
Wolfgang Reetz, 7. Juni 2009 bis heute.
1950 waren noch alle Höfe von den Stelleninhabern besetzt. Dann wurde aus drei Höfen in Thandorf und zweien in Schlagsülsdorf ein Örtlicher Landwirtschaftlicher Betrieb (ÖLB) unter staatlicher Verwaltung gebildet.
Bereits 1952 wurde im Rahmen der ersten Aussiedlungsaktion Walter Burmeister (Hof VIII) ins Landesinnere "umgesiedelt".
Am 15.03.1955 entstand die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) Typ III "Kurt Bürger".
1960 gab es noch fünf Bauern, die sich der großen LPG nicht anschließen wollten. Sie gründeten am 07.03.1960 eine zweite LPG Typ III "Herdbuchzüchter" unter Vorsitz von Willi Jennes. Dies war der zweite Fall, dass in der DDR in einem Dorf zwei LPGen des Typs III längere Zeit nebeneinander Bestand hatten. Die Bauern dieser zweiten LPG betrieben eine erfolgreiche Herdbuchzucht. Zuchtbullen von Willi Jennes und Herdbuchkühe von Gustav Boye aus Schönberg präsentierten die mecklenburgische Landwirtschaft auf den Ausstellungen in Leipzig - Markkleeberg. Obwohl sich 1960 alle Hauswirte den LPGen angeschlossen hatten, wurden am 03.10.1961 im Rahmen der zweiten großen Aussiedlungsaktion drei weitere Hauswirtsfamilien aus Thandorf ausgesiedelt. Die beiden LPGen gingen dann im Rahmen des Übergangs zur Großraumwirtschaft in der ca. 6000 ha großen LPG - P "Friedenswacht", zu der der ganze Bereich Schlagsdorf von Raddingsdorf bis Utecht/Campow gehörte und in der LPG - T Groß Molzahn auf.
1964 zählte die Gemeinde Thandorf 265 Einwohner. 1971 waren es noch 247. Nach der Wende sank die Zahl auf 168. Bis 1994 erhielten alle früheren Besitzer - bis auf die Ausgewiesenen - ihre Höfe zurück. Wiedereinrichter gibt es in Thandorf nicht.
Am 6. Mai 1990 gab es auch in Thandorf die ersten freien Wahlen nach der Wende.
Eine Agrargenossenschaft betreibt auf ca. 850 ha Ackerbau und Viehzucht. Sechs Hauswirte haben ihr Land an Bauern aus Schleswig-Holstein verpachtet.
Die Zeit nach der "Wende"
Das Dorf mit seinen zum Teil auch für mecklenburgische Verhältnisse großen Bauernhäuern hat seinen Reiz schon im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts dank einer mutigen Gemeindevertretung, die den Versuchungen einer unverhältnismäßigen Bebauung mit Wohnhäusern und Gewerbeflächen widerstanden hat, bewahren können.
Ein Bürgerverein "Bürger für Thandorf" - der in 2012 als Dorfverein neu belebt worden ist - tat ein Übriges für den Erhalt und die pflegliche Erneuerung des Ortsbildes.
So ist Thandorf heute auf dem Weg, ein Musterbeispiel eines alten mecklenburgischen Bauerndorfes zu werden, das sich dennoch den Zeitströmungen nicht verschließt.
Sämtliche Rechte für diesen Text liegen beim Heimatbund für das Fürstentum Ratzeburg von 1901 e.V. in 23923 Schönberg.
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Der Umzug: 650 Jahre Thandorf
Auch zu Zeiten der DDR wurde hier nicht nur gewohnt und gearbeitet, sondern gelebt und auch gefeiert. Das erste Teichfest gab es bereits 1976. An die Veranstaltungen im Saal denkt man heute noch gerne zurück. Auch größere Anlässe wurden gebührend begangen.
Die 650-Jahr-Feier
1334 erfolgte der Verkauf von Schlagsülsdorf und Thandorf durch Erben des Ritters Otto von Plön an den Herzog Erich von Lauenburg.
Damit gab es 1984 gebührenden Anlaß zu einer Feier, sehr zur Freude aller, die dabei waren. In der Erwähnung im Hufenregister des Bistums Ratzeburg von 1292 wurde damals kein Grund gesehen, vom Feiern Abstand zu nehmen.
Dabei wurden die damaligen Orte Tanendorpe und Sulesdorp erstmalig urkundlich erwähnt - im mecklenburgischen Urkundenbuch ist dies unter der Nummer 5495 zu finden.
Im Hintergrund der meisten Bilder sieht man den damaligen Hof Rütter (Stoffer'sches Haus) mit der dazugehörigen Stallung, weiter rechts das heutige Haus Apmann. Einiges davon erkennt man wieder beim Rundgang aus den 90'er Jahren.
Auch diese Bilder stammen aus dem Fundus der Familie Lafrenz aus Schlagsülsdorf - herzlichen Dank!
Die Namen der hier abgebildeten Teilnehmer des Umzuges sind der Redaktion zwar bekannt, werden jedoch nur auf deren ausdrücklichen Wunsch hin genannt werden.
Weitere Bilder
Auch die Blaskapelle aus Utecht war dabei - einige davon spielten noch bis ca. 2015 als Seniorenblaskapelle.
Die kleine Einspänner-Kutsche fährt auch oben im 5. Bild.